Projekt

Bau, Erprobung und Optimierung einer abfallarmen und abwasserfreien Galvanik

Anlagenbau
Modernisierung / Sanierung
Prozesstechnik
Branche:
Umwelt- / Verfahrenstechnik
Herausgeber:
Umweltbundesamt (UBA)
Projektende:
30.11.1993

Beim Betrieb konventioneller Galvanikanlagen entstehen erhebliche Mengen an zu deponierendem Sonderabfall und große Mengen an Abwasser. Die Ziele des Vorhabens bestanden darin, die Abfallmengen zu senken und den Abwasseranfall vollständig zu vermeiden. Der abwasserfreie Betrieb der Anlage wurde erreicht, indem der gesamte Produktionsprozess zunächst auf extrem sparsamen Wasserverbrauch ausgelegt wurde.

Durch innerbetriebliche Kreislaufschließung von Stoffströmen wird bei der Anlage zum galvanischen und chemischen Beschichten schüttbarer Kleinteile aus Stahl (sogenannte Trommelware) sichergestellt, dass die eingesetzten Metalle im Prozess verbleiben. Die Schließung der Stoffströme ermöglicht eine Rückführung der Produktionschemikalien und eine Kreislaufführung der Produktionshilfsstoffe.

Allen abwasser- und damit abfallrelevanten Prozessschritten ist je eine auf physikalischer oder elektrochemischer Basis arbeitende Regenerations- und Rückführeinheit angeschlossen, die für Konzentration und Rückführung der Spülwässer sowie Reinigung der Prozessbäder sorgt und eine Ausschleusung von Metallen wie eingeschleppter Verunreinigungen gewährleistet. Die geringe Restmenge an Produktionsabwasser wird in einer energetisch optimierten Eindampfanlage verdampft. Dabei wird destilliertes Wasser gewonnen, das als Spülwasser in den Prozess zurückgeht. Als Produktionsrückstand bleibt lediglich eine geringe Menge gelösten Salzes zurück, welches untertägig abgelagert wird.

Um den längerfristigen störungsfreien Betrieb sicherzustellen, muss jede Prozessstufe als geschlossenes System betrieben werden, um eine Vermischung mit Stoffen aus anderen Prozessstufen zu vermeiden.
An Reststoffen konnte der Galvanikschlamm um 75%, der Phosphatierschlamm um ca. 40 % verringert werden. Säuren, Laugen, Chromatierlösungen und cyanidische Lösungen entfielen vollständig in der Reststoffbilanz. Hinzu kamen Neutralsalze, der Gehalt an sonstigen Reststoffen hat sich verdoppelt, bildete aber nur 5% des Gesamtreststoffs.

Bau einer abfallarmen und abwasserfreien Galvanik

Die Galvanikindustrie war in der Vergangenheit eine bedeutende Quelle von Umweltbelastungen. Neben erheblichen Mengen an schwermetallhaltigen Abwässern produzierte dieser Industriezweig rund 150.000 Tonnen (Bezugsjahr 1985) an schwermetallhaltigen Schlämmen pro Jahr. Vor diesem Hintergrund ist eine bessere Umweltverträglichkeit das Ziel aller Betriebe dieser Branche. In Deutschland existieren derzeit ca. 4.000 Galvanikbetriebe mit ca. 28.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von etwa 6,4 Milliarden DM
(3,3 Milliarden €).

Innerhalb der letzten Jahre wurden in dieser Branche große Anstrengungen unternommen, die ökologischen Probleme zu lösen. Eine völlig abwasserfreie Galvanik galt jedoch bislang als unerreichbar. Mit Inbetriebnahme der vom Bundesumweltministerium mit rund fünf Millionen DM (2,6 Millionen €) geförderten Galvanikanlage der Firma Knipping GmbH in Kierspe (NRW) wurde nun eine abwasserfreie und hinsichtlich des Abfallaufkommens auf das technisch machbare Minimum reduzierte Anlage realisiert, die in ihrer Art erstmalig in Deutschland ist.

Bei der Anlage handelt es sich um eine sogenannte Betriebsgalvanik mit einer Kapazität von über 20.000 Kilogramm täglich, die in dem mittelständischen Unternehmen zum Verzinken und Phosphatieren von Schüttgut, vorzugsweise Schrauben, eingesetzt wird. Dabei kommen neben den notwendigen Metallen (insbesondere Chrom und Zink) verschiedene Chemikalien zum Einsatz (u.a. NaOH, Tenside, HCl, Cyanide). Die Anlage wurde - um Grundwasserkontaminationen auszuschließen - in einer Wanne nach dem ”Quinting”-System (in Beton eingegossene Stahlwanne) installiert.

Der abwasserfreie Betrieb der Anlage wurde erreicht, indem der gesamte Produktionsprozess zunächst auf extrem sparsamen Wasserverbrauch ausgelegt wurde. Durch innerbetriebliche Kreislaufschließung von Stoffströmen wurde sichergestellt, dass die eingesetzten Metalle im Prozess verbleiben. Die geringe Restmenge an Produktionsabwasser wird in einer energetisch optimierten Eindampfanlage verdampft. Dabei wird destilliertes Wasser gewonnen, das als Spülwasser in den Prozess zurückgeht. Als Produktionsrückstand bleibt lediglich eine geringe Menge des im Produktionsabwasser gelösten Salzes zurück, das durch untertägige Ablagerung entsorgt wird. Insgesamt ist festzustellen, dass - sollen die Rückführungsmaßnahmen längerfristig störungsfrei funktionieren (dies betrifft sowohl die Rückgewinnung von Chemikalien als auch die Wasserkreisläufe) - jede Prozessstufe als geschlossenes System betrieben werden muss, um eine Vermischung mit Stoffen aus anderen Prozessstufen zu vermeiden.

Da sich nicht das gesamte Spülwasser in den Prozess rückführen lässt, mussten Vorkehrungen dafür getroffen werden, dass eine reibungslose Produktion auch dann gewährleistet ist, wenn z.B. die Verdampfer versagen oder Peripheriesysteme ausfallen. Deshalb wurden zusätzlich Pufferbehälter und konventionelle Entgiftungsanlagen installiert. Damit sind alle eventuell noch aus den Umweltschutzmaßnahmen resultierenden Risiken für die Produktionssicherheit ausgeschlossen.

Durch die konsequenten Rückführungs- und Einsparungsmaßnahmen wurden folgende Reduzierungen des Abfallaufkommens erreicht

Neben der Abfallreduzierung und der Abwasservermeidung bildeten auch Energiesparmaßnahmen einen wichtigen Bestandteil des Projekts. Es wurde eine Vielzahl von Systemen zur Nutzung von Abwärme installiert. Die Wärmerückgewinnung ermöglicht es, den Verbrauch an Primärenergie deutlich zu senken. Dabei verläuft die Energieübertragung nicht als ”Einbahnstraße” von einem Erzeuger zum Verbraucher, sondern verschiedene Betriebszweige sind miteinander vernetzt und versorgen sich gegenseitig mit Wärmeenergie.

Fast alle hier durchgeführten Maßnahmen sind auf die Betriebsgalvanikanlagen anderer Unternehmen ohne umfangreiche Modifikationen übertragbar. Die Anlage der Firma Knipping setzt damit einen neuen Umweltmaßstab für Galvanikanlagen.

Dieses Demonstrationsprojekt ist jedoch nicht nur in ökologischer Hinsicht ein Erfolg. Einem Investitionsvolumen von rund 14 Millionen DM (7,2 Millionen €) und den im Vergleich zu einer konventionellen Anlage leicht erhöhten Betriebskosten stehen erhebliche Einsparungen an Entsorgungskosten, Rohstoffbeschaffungskosten (Metall- und Chemikalieneinsatz) sowie an Energiekosten gegenüber. Es ergibt sich eine Netto-Einsparung in Höhe von 244.000 DM (125.000 €) pro Jahr, wodurch sich die neue Anlage in rund fünf Jahren amortisiert.

Zu beachten ist, dass sowohl die Umwelteffekte als auch der ökonomische Erfolg des Projekts darauf zurückzuführen sind, dass das Schwergewicht bei den Maßnahmen auf den produktionsintegrierten Umweltschutz gelegt wurde. Die Produktionsprozesse wurden so ausgelegt, dass Abwasser und Abfälle gar nicht erst entstehen. So konnte auf nachgeschaltete Reinigungstechnologie weitgehend verzichtet werden. Die nachgeschalteten Reinigungstechnologien (”end-of-pipe”-Technologien) sind nicht nur kostspielig, sondern ihre Fähigkeiten, Umweltbelastungen zu vermindern bzw. ganz zu vermeiden, sind gerade im Galvanikbereich weitestgehend technisch ausgereizt. Konsequent setzte daher das beschriebene Projekt auf Umstellungen innerhalb der Produktionsprozesse und wurde durch seinen Erfolg bestätigt.

Vielen Unternehmen ist es in den vergangenen Jahren gelungen, durch integrierten Umweltschutz Kosten zu sparen. Unternehmensberater rechnen derzeit mit einem durchschnittlichen Kostensenkungspotential durch Umweltschutzmaßnahmen von ca. zwei Prozent der Gesamtkosten. Integrierter Umweltschutz schafft auch betriebswirtschaftliche Vorteile.

Quelle: BMU-Umwelt: 04/95