Projekt

Errichtung einer Lackieranlage bei Einsatz von lösemittelfreiem Wasserlack und vollständigem Recycling des Lackoversprays bei Einfarbtonproblem

Beschichtungstechnik
Branche:
Fertigung / produzierende Unternehmen
Herausgeber:
Umweltbundesamt (UBA)
Projektende:
31.12.1994

Bei dem neuentwickelten, lösemittelfreien Wasserlacksystem, kann der Overspray zu 100 % zurückgewonnen werden. In der Nasslackieranlage kommt ein wasserverdünnbarer Lack mit einer Alkyd/Melaminharzbindemittelkombination, der frei von organischen Lösemitteln ist, zum Einsatz. Voraussetzung für den Erfolg des Wasserlacksystems war eine Anpassung der Vorbehandlung. Hierzu wird jetzt ein wässriges Verfahren mit Neutralreinigern anstelle der früher angewandten Zinkphosphatierung eingesetzt. Durch Badpflegemaßnahmen und Kreislaufführung der Spülwässer war eine Reduzierung der Abwassermenge um 70 % möglich.

 

In der Nasslackieranlage, die aus einer Vorbehandlungsstufe, zwei Automatikspritzkabinen (I und II), Handspritzkabine, Abdunstzone, Einbrennofen und Fördereinrichtungen besteht, kommt ein wasserverdünnbarer Lack mit einer Alkyd/Melaminharzbindemittelkombination, der frei von org. Lösemitteln ist, zum Einsatz. In der Kabine I wird der Hauptfarbton (ca. 55 Prozent des Lackverbrauchs), in der Kabine II werden ca. 130 Farbtöne (ca. 45 Prozent des Lackverbrauchs) verarbeitet. Der aus dem Umlaufwasser der Lackkabinen aufgefangene Lackoverspray wird mittels Ultrafiltration vom Wasser getrennt. Das Konzentrat (zurückgewonnener Lack) mit 50 Prozent Festkörperanteil gelangt zur weiteren Verarbeitung in einen Lackvorratsbehälter, das Permeat wird zur Niveauregelung des Wasserstandes der Spritzkabinen genutzt. Der zurückgewonnene Lackoverspray des Hauptfarbtons wird direkt wieder auf die sichtbaren Teile der zu lackierenden Güter verspritzt, der Overspray der Kabine II fällt durch die Vielzahl der Farbtöne als Mischfarbton an und wird zur Lackierung der nicht sichtbaren Innenteile verwendet. Der zurückgewonnene Lack wird somit vollständig wieder eingesetzt. Die Vorbehandlung, bestehend aus Entfettung mit Neutralreiniger und Passivieren mit einem leichtalkalischen Mittel, ist auf den eingesetzten Wasserlack abgestimmt und wird durch Kreislaufführung der Spülwässer über eine VE-Anlage und Kaskadenspülung weitgehend abwasserfrei betrieben.
 
Produktionsintegrierter Umweltschutz im Bereich der Metalloberflächenlackierung

Umweltverträgliche Nasslackiererei in Bellheim

Die Serienlackierung von Metalloberflächen ist in der Regel mit zahlreichen Umweltbelastungen verbunden.

Bei der Lackierung gelangt nur ein Teil der eingesetzten Lackmenge auf das Werkstück. Der am Werkstück vorbeigehende Anteil, der so genannte Overspray, wird in der Lackierkabine aus der Abluft ausgewaschen. Hierbei entstehen Lackschlämme, die aufgrund ihrer Zusammensetzung zu den Sonderabfällen zählen. Außerdem verursacht der Auswaschungsprozess Abwasserbelastungen. Die in herkömmlichen Lacken enthaltenen Lösemittel belasten zusätzlich den Luftbereich.

Darüber hinaus ist auch die Vorbehandlung der zu lackierenden Oberflächen durch Zinkphosphatierung mit erheblichem Abwasser- und Schlammanfall verbunden.

In Deutschland werden im Bereich der industriellen Serienlackierung ca. 600.000 Tonnen Nasslack pro Jahr verarbeitet. Dabei fallen ca. 350.000 Tonnen Lösemittelemissionen und rund 250.000 Tonnen als Sonderabfall zu entsorgende Lackschlämme an (Stand der statistischen Angaben: November 1994).

Entgegen der noch weit verbreiteten Praxis, diese Umweltbelastungen nach ihrer Entstehung durch entsprechende nachgeschaltete Reinigungs- oder Beseitigungstechniken zu verringern, ging ein Metallwerk in Bellheim den Weg der innerbetrieblichen Abwasservermeidung zur Reduzierung der Einsatzstoffe an der Quelle und durch Recyclingmaßnahmen.

Das Unternehmen betreibt die Herstellung und den Vertrieb von computergesteuerten Registratur- und Lagerautomaten sowie von Feuerschutzschränken zur Sicherung von Datenträgern aller Art. Pro Jahr werden rund 9.000 Tonnen Feinblech mit einer zu beschichtenden (Vorbehandlung und Lackierung) Oberfläche von ca. 1,3 Mio. m2 verarbeitet.

Vor dem Hintergrund der Betriebsbedingungen

  • Beschichtung von rund 3.500 Teilen täglich,
  • einer Farbtonpalette von ca. 150 verschiedenen Farbtönen und
  • bis zu 15 Farbwechsel pro Tag

gestaltete sich die Suche nach einem umweltverträglicheren Lackierverfahren schwierig.

Schließlich entschied sich das Unternehmen für ein neuentwickeltes, fast lösemittelfreies Wasserlacksystem, bei dem der Overspray zu 100 % zurückgewonnen werden kann. Zwar galt zum damaligen Zeitpunkt das Pulver-Lackierverfahren als die mit Abstand beste Lösung zur Verminderung von Umweltbelastungen, jedoch ist Pulver nicht in jedem Falle einsetzbar.

Voraussetzung für einen nachhaltigen ökologischen Erfolg des Wasserlacksystems war eine Anpassung der Vorbehandlung. Hierzu wird jetzt ein wässriges Verfahren mit Neutralreinigern anstelle der früher angewandten Zinkphosphatierung eingesetzt. Durch konsequent durchgeführte Badpflegemaßnahmen und Kreislaufführung der Spülwässer ist eine Reduzierung der Abwassermenge um 70 % möglich. Eisenphosphathaltige Abwässer und Schlämme werden vollständig vermieden.

Zur Lackierung selbst wird ein Wasserlack eingesetzt, der nur noch 0,4 % Lösemittel enthält und damit einer erwünschten Lösemittelfreiheit nahe kommt. Dadurch können aufwendige Abgasreinigungstechniken, die ansonsten zur Beseitigung der Lösemittel in der Abluft eingesetzt werden müssten, entfallen. Der am Werkstück vorbeigehende Lackoverspray eines Farbtones wird nach Auswaschen aus der Abluft über eine Ultrafiltrationsanlage als Recyclinglack zurückgewonnen und wieder verwendet. Die Qualität entspricht dem Originallack. Recyclinglack aus verschiedenen Farbtönen wird zu einem "Hausfarbton" umgetönt und ebenfalls vollständig wieder verwendet. So können Lackschlämme völlig vermieden werden.

Der zum Einsatz kommende Lack ist ein wasserverdünnbares Produkt mit einer Alkyd-Melaminharzbindemittel-Kombination. Um das Recyclingverfahren erst zu ermöglichen, enthält der Lack ein Amin zur Verhinderung des Absatz- und Koagulationsverhaltens sowie einen Trocknungsinhibitor, um ein zu schnelles Antrocknen des Wasserlacks zu verhindern.

Mit diesem Projekt, das vom Bundesumweltministerium mit rund 2,7 Mio. DM gefördert wurde (Gesamtinvestitionsvolumen rund 9 Mio. DM) wurden neben den erheblichen Umweltentlastungen (im Vergleich zur alten Lackieranlage wurden in einem Zeitraum von 20 Monaten etwa 110 Tonnen Lackschlamm und 145 Tonnen Lösemittelemissionen vermieden) Kostenersparnisse im Vergleich zur konventionellen Lösemittellackanwendung in Höhe von 600.000 DM, das sind 35 %, pro Jahr möglich.

Mit dem erfolgreichen Abschluss dieses Pilotprojekts konnte der Stand der Technik für den Einsatz fast lösemittelfreier Wasserlacke und das vollständige Recycling des Lackoversprays bei Einfarbtonproblemen erheblich weiterentwickelt werden. Die angewandten Techniken sind auch auf andere, ähnliche Betriebe übertragbar.

BMU Umwelt 9/95, Seite 334

Bezugsquelle: Der Abschlussbericht zum Vorhaben kann unter der Nummer 6015 beim Umweltbundesamt, Bibliothek, Postfach 14 06, 06813 Dessau, ausgeliehen werden.