Praxis & Blueprints

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Wofür werden PSS allgemein angewendet?

Aktuell finden PSS vor allem auf dem B2B-Markt (Business-to-Business) Anwendung, da Aufträge von Unternehmen in der Regel umfangreicher und damit ggfs. rentabler sind. Außerdem haben Unternehmen, die an einem reibungslosen Betriebsablauf interessiert sind, einen großen Bedarf an Serviceleistungen, die genau das gewährleisten, wie beispielsweise die ständige Einsatzfähigkeit von Produktionsmaschinen durch regelmäßige Wartung.

Im Kontrast dazu birgt der B2C-Bereich (Business-to-Consumer) eine große Anzahl an Kunden, die jedoch jeweils nur geringe Umsätze mit sich bringen, sodass die damit verbundenen Transaktionskosten oft noch zu hoch sind. Dennoch haben auch hier PSS schon Einzug gehalten, z. B. in Form einfacher Services beim Verkauf von preisintensiven und langlebigen Produkten wie z. B. Wartung und Service. Immer interessanter wird der B2C-Markt für Unternehmen insbesondere durch die zunehmende Digitalisierung, da diese die Umsetzung neuer, datengetriebener Geschäftsmodelle ermöglicht, wie z. B. eines Kühlschranks, der selbstständig Lebensmittel bestellt. In den letzten Jahren gab es daher eine Vielzahl an unterschiedlichen PSS-Systemen. Die vielfältigen Beispiele für PSS sind z. B. Fotokopierer-Konzepte, Carsharing-Angebote sowie in den Bereichen Büroindustrie, Lehre oder IT-Lösungen zu finden.* Boehm, M. und Thomas, O. (2013): Looking beyond the rim of one’s teacup - A multidisciplinary literature review of Product-Service Systems in Information Systems, Business Management, and Engineering & Design. Universität Osnabrück, Osnabrück. Journal of Cleaner Production, (S. 246). * Beuren, F. H.; Ferreira, M. G. G. und Miguel, P. A. C. (2013): Product-service systems: a literature review on integrated products and services. In: Journal of Cleaner Production, (47), (S. 226).

Wie startet man als KMU mit PSS?

© In Anlehnung an: Crul, M.; Diehl J.C. und Ryan, C. (2009): Design for Sustainability - A Step by Step Approach. United Nations Environment Programme (UNEP); Delft University of Technology, Paris, S. 97ff.

Wie sehen ressourceneffiziente PSS-Geschäftsmodelle aus?

In die Geschäftsmodell-Blueprints fließen die Grundlagen von PSS mit den Erkenntnissen über PSS-Geschäftsmodelle unter dem Aspekt der Ressourceneffizienz zusammen. Die Blueprints und das Blueprint-Template sollen Unternehmen eine Hilfestellung für die Entwicklung von PSS bieten und als Inspiration für neue Typen ressourceneffizienter PSS-Geschäftsmodelle dienen.

© VDI ZREFür die Beschreibung der fünf ressourceneffizienten Blueprints werden die PSS-Geschäftsmodellmerkmale Projektmanagement und Support vernachlässigt, da sie stark unternehmensspezifisch ausfallen können.

Blueprint: PSS für die Kreislaufführung

Hintergrund und Mehrwert
Eine wesentliche Barriere zur Etablierung eines zirkulären Wirtschaftssystems besteht in bisher fehlenden Anreizen, obsolete Produkte nach deren Nutzung zurückzunehmen und wieder aufzuarbeiten. Die Einführung eines PSS kann als Baustein betrachtet werden, der dazu dient, die Kreislaufführung stärker im Unternehmensleitbild zu verankern. Wenn sich das Erlösmodell des Produzenten anstelle des klassischen Produktverkaufs eher am Ergebnis der bereitgestellten Lösung für den Kunden orientiert (ergebnisorientierte PSS), verändern sich dementsprechend auch die Anreizsysteme für den Hersteller. Die Möglichkeit, Produkte und Materialien wiederzuverwenden, senkt die Kosten für den Service der Produktnutzung. Diese Kostensenkung kann entweder über niedrigere Servicegebühren an den Kunden weitergegeben werden und so für einen Wettbewerbsvorteil am Markt sorgen, oder sich in einer höheren Marge durch das Servicegeschäft widerspiegeln. Verbleibt das Eigentum bei den Herstellern, können diese auf die bereits produzierten Produkte als Ressource zugreifen.


Randbedingungen
Voraussetzung hierfür ist die Installation eines Wiederaufarbeitungsprozesses, der die zurückgenommenen Produkte (bzw. einzelnen Komponenten) in einen qualitativ hochwertigen Zustand, vergleichbar zu einem Neuprodukt, überführt. Hierbei zahlt es sich aus, bereits in der Produktentwicklung den Prozess der Wiederaufarbeitung mitzudenken und so möglichst nicht aufwändig zu gestalten (z. B. Strategien zur Entwicklung kreislauffähiger Produkte).


Anwendungsbereiche
Besonders sinnvolle Anwendungsfälle für ein PSS in Kombination mit Wiederaufarbeitung ergeben sich für funktionale Produkte, welche nur geringem Innovationsdruck, Verschleiß oder modischem Zeitgeist unterliegen (z. B. Wasserzähler, Mauterfassungsterminals, DSL-Router). Das Konzept lässt sich daher auch gut auf andere Bereiche für B2B oder B2C übertragen (z. B. Drucker, Festnetztelefone, Werkzeug).

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Für die Entwicklung eines PSS-Geschäftsmodells finden Sie hier eine PSS-Geschäftsmodell Vorlage.

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Beispiel Remanufacturing von Wasserzählern

Das Eichen von Wasserzählern in regelmäßigen Abständen unterliegt gesetzlichen Vorgaben und erfordert einen kompletten Austausch der Geräte. Dabei sind die Anforderungen an Messgenauigkeit und Hygiene hoch. Während gebrauchte Zähler in der Vergangenheit einfach durch neue ausgetauscht wurden, bietet die Lorenz GmbH eine Wiederaufarbeitung. Selbstentwickelte Maschinen zur Demontage und Reinigung sowie zur Gehäusenachbearbeitung nutzt das Unternehmen, um unter geringem Kostenaufwand Zähler wieder so aufzubereiten, dass diese qualitativ nicht von einem Neuteil zu unterscheiden sind. So können 30 % der Messing- und Elektronikteile eingespart werden. Insbesondere Messing unterlag stark schwankenden Rohstoffpreisen und stellt ein hohes unternehmerisches Risiko dar. Zusätzlich können bei der Produktion der Zähler ca. 150.000 kWh jährlich eingespart werden.* Schmidt, M.; Spieth, H.; Bauer, J. und Haubach, C. (2017): Wiederaufbereitung von Wasserzählern–von der Einzelmaßnahme zum ganzheitlichen Unternehmenskonzept. In: Schmidt, M.; Spieth, H.; Bauer, J. und Haubach, C., Hg. 100 Betriebe für Ressourceneffizienz - Band 1. Praxisbeispiele aus der produzierenden Wirtschaft. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag, ISBN 978-3-662-53366-6, (S. 182-185).

Beispiel Refurbishment von Mautsystemen

Die Toll Collect GmbH organisiert das Mautsystem deutscher Autobahnen. Für die korrekte Mautabrechnung ist spezielles Equipment notwendig, welches anfallende Kosten pro LKW ermittelt. Unter anderem wird eine „On-Board-Unit" (OBU) verwendet, die im LKW verbaut ist. Mittels GPS ermittelt die OBU alle mautpflichtigen Strecken, die zurückgelegt wurden, und leitet diese Informationen an Toll Collect weiter. Die On-Board-Units werden dabei nur an Spediteure verliehen, d. h., wenn ein Fahrzeug außer Betrieb genommen oder das OBU nicht mehr benötigt wird, wird es an Toll Collect zurückgegeben. Für einen etwaigen Verlust einer Einheit wird sogar Schadenersatz fällig. Die zurückgeführten OBUs werden anschließend für einen erneuten Einsatz wiederaufbereitet, indem diese getestet, gereinigt und ggf. repariert werden. Dies kann bis zu 16-mal passieren, bis diese nach einer internen Prozessvorgabe endgültig verschrottet werden. OBUs werden jedoch in den meisten Fällen nur selten ausgetauscht, sodass seit Einführung des Systems bisher lediglich eine OBU verschrottet wurde. Insgesamt befinden sich auf Deutschlands Straßen über 770.000 Geräte im Einsatz. Die ältesten Einheiten stammen dabei aus dem Jahr 2003, dem Startjahr des Toll-Collect-Systems.* Toll Collect gmbH (2014): Die 16 Leben einer OBU (online), 5. März 2014 (abgerufen am: 13.12.2018)

Blueprint: PSS für effizienteren Materialeinsatz in der Produktion

Hintergrund und Mehrwert
Im Zuge fortlaufender Komplexitätssteigerungen durch die Einführung innovativer Materialien, Stoffe und Produktionstechniken werden in produzierenden Unternehmen immer mehr Kapazitäten an die Anpassung und Neuausrichtung der Fertigung gebunden. So stellt beispielsweise bereits die optimale Einstellung der Prozessparameter einer Werkzeugmaschine zur Einsparung von Kühlschmierstoffen und Werkzeugverschleiß ein umfangreiches Projekt dar. Das jeweilige Spezialwissen, um Prozesse im Kontext der Produktion zu verbessern, liegt jedoch zumeist ausschließlich bei Zulieferern und Anlagenherstellern. Aus diesem Blickwinkel erscheint eine weiterführende Kooperation mit diesen Unternehmen auch während der Produktion als logischer nächster Schritt, um den materiellen und personellen Aufwand zu reduzieren. Produkt-Service-Systeme können ein Grundgerüst für eine intensive Zusammenarbeit zwischen Zulieferer und produzierendem Unternehmen darstellen.


Randbedingungen
Bereits einfache, das Produkt komplementierende Services können hier zu einer effizienteren Verwendung von Produktionsinputs führen (produktorientierte PSS). Ein Beispiel hierfür stellen komplementierende Services bei dem Verkauf von Autolacken an Werkstätten dar. Zulieferer können ihr Geschäftsmodell vom reinen Verkauf der Ware (Produktionsinput) hin zur Erbringung einer Dienstleistung (ergebnisorientierten PSS) entwickeln. In dieser Form verbleibt das Eigentum der gelieferten Produktionsinputs bei den Zulieferern und Maschinenherstellern. Bezahlt wird nach einer Serviceeinheit (z. B. m² gereinigte Fläche, Anzahl produzierter Teile). Auf Basis dieser Änderung besteht für Zulieferer nicht mehr der Anreiz, möglichst viele ihrer Produkte zu verkaufen, sondern diese so einzusetzen, dass das vereinbarte Ziel bei minimalen Kosten erreicht werden kann. Hierdurch lohnt es sich entsprechendes Know-how für eine effiziente Betriebsführung an das produzierende Unternehmen zu vermitteln (z. B. durch Mitarbeiterschulungen). Für das produzierende Unternehmen ergibt sich zumeist der Vorteil geringerer Betriebskosten, welche über die Servicegebühr des Zulieferers bedarfsgerecht abgerechnet werden. Für den Zulieferer wird neben der Diversifizierung des Leistungsportfolios eine höhere Kundenbindung durch individuelle Beratung und Know-how-Transfer möglich. Hierdurch ergibt sich auch ein besseres Verständnis für die Probleme des Kunden.


Anwendungsbereiche
Ein bekanntes Beispiel für diesen PSS-Typ ist das sogenannte Chemikalien-Leasing (siehe Beispiel). Das hier verfolgte Prinzip, den Einsatz von Chemikalien nach dem damit beabsichtigten Ergebnis zu vergüten, lässt sich auch auf andere Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe in der Produktion übertragen (z. B. Schleifmittel, Kühlschmierstoffe). Prinzipiell können auf diesem Weg ebenfalls Produktionsmittel wie z. B. Werkzeugmaschinen (Vergütung nach gefertigten Bauteilen) oder Gebäudetechnik (z. B. Druckluft) bereitgestellt werden.

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Beispiel Chemikalienleasing

Chemikalien, die nicht reaktiv verbraucht werden, sondern rückgewinnbar sind, können zwischen Unternehmen unter Anwendung des innovativen Geschäftsmodells des Chemikalienleasings gehandelt werden. Anstelle der klassischen mengenbezogenen Bezahlung (z. B. €/t) erfolgt eine ergebnisorientierte Vergütung (z. B. €/m² gereinigter Fläche).
Über die geänderte Vergütung resultiert ein wirtschaftliches Interesse des Chemikalienherstellers, den Verbrauch von chemischen Produkten beim Anwender durch Prozessoptimierung zu senken, anstelle den mengenbasierten Verkauf der Chemikalien zu steigern.* Baedecker, C.; Leismann, K.; Rohn, M. und Schmitt, M. (2012): Nutzen statt Besitzen. Auf dem Weg zu einer ressourcenschonenden Konsumkultur. Heinrich-Böll-Stiftung. Schriften zur Ökologie Band 27. (S. 37 f).

Beispiel Know-how-Transfer durch Services

Der Geschäftszweig des BASF Konzerns „Automotive Refinish Coatings“ verkauft im After-Sales-Bereich Lacke für Fahrzeuge direkt an Werkstätten. Zusätzlich bietet das Unternehmen den Werkstätten Trainings an, z. B. um die Effizienz des Lackiervorgangs zu verbessern oder die Profitabilität des Geschäfts messbar zu gestalten. Mittels einer App bietet das Unternehmen außerdem die Möglichkeit, auf Basis der Fahrzeugdaten auf den richtigen Lacktyp zu schließen.* BASF Automotive Refinish launches new SmartCOLOR® Online color retrieval tool (online). BASF, 4. Mai 2018 (abgerufen am: 27.06.2019).

Blueprint: PSS für langlebige Produkte

Hintergrund und Mehrwert
Sowohl unter Gesichtspunkten der Kundenzufriedenheit als auch der Ressourceneffizienz ist die Langlebigkeit technischer Produkte wünschenswert. Der Produzent steht in einem herkömmlichen verkaufsorientierten Geschäftsmodell vor dem Dilemma, dass zu langlebige Produkte den Umsatz aus dem Neuverkauf schmälern. Produkt-Service-Systeme bieten hier einen alternativen Weg an. Bereits einfache, das Produkt komplementierende Services, wie z. B. Wartung (produktorientierte PSS), können die Lebensdauer des Produktes erhöhen und gleichzeitig das Leistungsportfolio des Produzenten erweitern. Im Falle eines ergebnisorientierten PSS verbleibt das Eigentum des Produktes bei dem Produzenten. Eine Verlängerung der Lebensdauer senkt daher in diesem Fall sogar direkt die Kosten des PSS-Anbieters, da weniger Produkte hergestellt werden müssen, um denselben Kunden zu adressieren.

Aufgrund des so geänderten Geschäftsmodells empfiehlt es sich für PSS-Anbieter, ihre Produkte langlebiger auszulegen (z. B. durch haltbare Werkstoffe, geometrische Versteifungen, austauschbare Teile). Zusätzlich kann die Wartung im Rahmen der Produktnutzung verbessert werden. Durch Condition Monitoring werden fehlerhafte Betriebszustände schnell erkannt und durch Techniker behoben, bevor weitere Schäden entstehen. Im Falle prädiktiver Instandhaltung ist es sogar möglich, Ausfälle zu erkennen, bevor diese entstehen.


Randbedingungen
Für eine Verlängerung der Nutzungsdauer ist es notwendig, dass das Produkt eine Anpassung an sich ändernde Nutzungsanforderungen zulässt. Hierfür kann bereits innerhalb der Produktentwicklung ein gewisser Grad an Flexibilität zur Anpassung des Produktes in der Nutzungsphase berücksichtigt werden. Durch modulare Gestaltung ist es unter Umständen möglich, die Funktionalität des Produktes im Sinne eines Baukastens zu erweitern.


Anwendungsbereiche
Produkte, die sich vornehmlich für eine lange Lebensdauer in Kombination mit PSS eignen, stammen vor allem aus dem Bereich der Investitions- und Gebrauchsgüter (z. B. Maschinen, Nutzfahrzeuge). Dabei eignen sich Produkte besonders, welche begrenztem Innovationsdruck und technischem Fortschritt unterliegen (z. B. hinsichtlich Energieeffizienz).

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Beispiel Prädiktive Instandhaltung als Service für langlebige Wellpappanlagen

Die Firma BHS Corrugated Maschinen- und Anlagenbau GmbH mit ihrem Hauptsitz in Weiherhammer ist Weltmarktführer für die Entwicklung und Herstellung von Wellpappanlagen. Während das Geschäftsmodell des Unternehmens in der Vergangenheit allein auf dem Verkauf des physischen Produktes und entsprechender Services, wie z. B. Wartung, basierte, existiert nun eine zusätzliche digitale Komponente. Mit der entwickelten Industrial-Internet-of-Things-Plattform ist es dem Unternehmen möglich, die Betriebsdaten aller verkauften Maschinen cloudbasiert auf der Plattform zu erfassen und hinsichtlich verschiedener Fragestellungen zu analysieren. So kann z. B. die Lebensdauer der Anlagen durch datenbasierte prädiktive Instandhaltung verlängert werden. Da sich der Großteil des Geschäfts des Unternehmens im After-Sales-Bereich ergibt, stellt eine derartig umfassende Informationsbasis einen wesentlichen Zugewinn dar.* Wrobel; M.; Nicolai und A. T. (2019): Digitale Innovation im Mittelstand - Fallbeispiele erfolgreicher Digitalisierungsprojekte. Alexander von Humbold Institut für Internet und Gesellschaft; Sirius Minds GMBH; HypoVereinsbank (abgerufen am: 26.04.2019), (S. 34).

Beispiel Schmierungsmanagement für Wälzlager

Eine ordnungsgemäße Schmierung stellt eine wesentliche Voraussetzung für eine lange Lebensdauer von Wälzlagern dar. Aus diesem Grund bieten Hersteller von Wälzlagern zusätzliche Services zum Schmierungsmanagement an. Hier werden zunächst die Ausgangssituation und die Anforderungen der individuellen Anwendungsfälle der Gleitlager erhoben. Anschließend werden Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet und vor Ort umgesetzt. In einer weiteren Optimierungsphase werden zusätzliche Potenziale der Verbesserung identifiziert (siehe z. B. * SKF (2019): Schmierungsmanagement (online). SKF (abgerufen am: 10.07.2019). ).

Blueprint: PSS für geteilte Nutzung

Hintergrund und Mehrwert
Einen wesentlichen Trend der letzten Jahre stellt die zunehmend geteilte Nutzung von Produkten dar. Durch die geteilte Nutzung können neue Kundengruppen gewonnen werden, z. B. Anwender, welche ein Produkt für einen bestimmten Anwendungsfall gern einsetzen, jedoch hohe Investitionskosten für eine Anschaffung scheuen. Diese neu erschlossenen Kunden können die Vorteile einer Anwendung durch Ausprobieren selbst kennenlernen. So können auch experimentellere Produkte auf dem Markt erprobt und durch das direkte Feedback der Nutzer weiterentwickelt werden. Der Kunde profitiert in diesem Fall von einer höheren Flexibilität in der Nutzung eines Produktes und außerdem von geringerem Aufwand für Pflege, Wartung und Lagerung der Produkte.

Die Bezahlung des angebotenen Services kann nach verschiedenen Maßgaben erfolgen. Die Gebühren richten sich dabei entweder nach der Dauer der Miete oder einer Serviceeinheit (z. B. Anzahl gefahrener Kilometer oder Anzahl der Einsätze einer Maschine in einem Bauprojekt). Die Dauer der Überlassung des Produktes reicht dabei von einigen Minuten bis hin zu Tagen und Wochen. Je nach Art des Produktes und des verfolgten Systems erfolgt der Verleih an Servicestationen, per Anlieferung, in Privathaushalten oder auf offener Straße in sogenannten „free-floating“-Sharing-Konzepten.


Randbedingungen
Als wesentliche Voraussetzungen zur Etablierung eines PSS für geteilte Nutzung ist eine informationstechnische Infrastruktur erforderlich, welche je nach Ausprägung des Modells eine individuelle Buchung von Dienstleistungen und Auswahl der Produkte erlaubt. Je nach System muss zusätzliche Infrastruktur (z. B. Vermietungs-/Servicezentren oder Leihstationen) oder eine Rückhollogistik eingeplant werden (z. B. Organisation des Fuhrparks von Sharing-Konzepten im Bereich Mobilität). Zusätzlich müssen Risiken beachtet werden, welche direkt aus der geteilten Nutzung entstehen (Diebstahl, fahrlässiger Umgang mit dem Produkt etc.). Insbesondere wenn Geschäftsmodelle geteilter Nutzung eine lokale Verfügbarkeit garantieren sollen (z. B. im Bereich Mobilität), ist zudem ein flächenhafter Einsatz von Produkten notwendig. Hierdurch ergibt sich eine hohe Kapitalbindung und damit ein erhöhtes Risiko, wenn das Projekt scheitert. Nichtsdestotrotz können gewisse Risiken durch Kooperation mit geeigneten Partnern (Banken, Versicherungen, Logistikunternehmen) reduziert werden.


Anwendungsbereiche
Die sogenannte Sharing Economy verspricht, genutzte Gebrauchs- und Investitionsgüter (z. B. Spezialwerkzeuge, Fahrzeuge) durch Erhöhung der Nutzeranzahl besser auszulasten und so Kosten für die mehrfache Anschaffung des Produktes einzusparen. Auch im produzierenden Gewerbe lassen sich, wie z. B. durch das Flottenmanagement von Arbeitsgeräten und Werkzeugen (siehe Beispiel), umfassende Leistungsangebote im Bereich PSS aufbauen.

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Beispiel: Flottenmanagement für Bauausrüstung

Das Management von Geräten im Bereich Bau erfordert hohen Aufwand. So müssen jederzeit Werkzeuge für zahlreiche Anwendungsfälle und in ausreichender Stückzahl vorgehalten werden. Hierdurch kommt es gerade bei verschiedenen parallelen Bauprojekten immer wieder zu Engpässen bei der Ausrüstung. Umgekehrt entstehen bei schwieriger Auftragslage überflüssige Bestände, welche zusätzliche Lagerkosten verursachen. Zusätzlich sind Unternehmer selbst in der Pflicht, die Geräte zu warten und Ersatz bei Ausfällen zu beschaffen. Mittlerweile bieten Hersteller von Baugeräten Komplettservices an, welche Baufirmen ihre Geräte gegen eine monatliche Gebühr zur Verfügung stellen. Je nach Bauprojekt können dabei zeitweise zusätzliche Werkzeuge angefordert werden. Die Geräte werden regelmäßig gewartet und ausgetauscht. Defekte Werkzeuge werden umgehend ersetzt. Außerdem wird angeboten, das gesamte Portfolio an Werkzeugen des Unternehmens zu untersuchen, um so die jeweils benötigte Ausstattung festzustellen (siehe z. B. * Hilti (2019): Flottenmanagement (online). Hilti (abgerufen am: 10.07.2019). ).

Beispiel: Textiliensharing für Berufskleidung

In vielen Firmen ist das Tragen von Berufskleidung Pflicht. Dabei entstehen oftmals hohe Kosten und Aufwände, um diese bereitzustellen. So müssen z. B. viele Firmen die Kleidung vor Ort waschen, um den stringenten Hygieneanforderungen ihrer Branche nachzukommen. Ein etabliertes Konzept, welches bereits seit vielen Jahren praktiziert wird, ist die Bereitstellung von Komplettservices für Arbeitsbekleidung. Bekleidungsfirmen statten die Arbeiter dabei mit individuell angepasster Kleidung aus, auf welcher auch das Firmenlogo angebracht ist. Die Firmen übernehmen die Wäsche nach den derzeit höchsten Umweltstandards und nehmen auch Kleidung bei einem Mitarbeiterwechsel zurück. Wenn diese nicht stark beschädigt ist, können dann auch andere Arbeiter desselben Unternehmens oder anderer Unternehmen die gebrauchte Kleidung nach vorheriger Reinigung wiederverwenden.* Seidler, D. (2019): Leasing-Berufsbekleidung entlastet Unternehmen (online). Deutsche Berufskleider-Leasing GmbH, 10. November 2016 (abgerufen am: 10.07.2019). * W. Marwitz Textilpflege GmbH (2020): Mietservice mit System (online) (abgerufen am: 06.02.2020).

Blueprint: PSS für lokale Herstellung

Hintergrund und Mehrwert
Die industrielle Produktion befindet sich derzeit in einem Wandel. Während zu Zeiten Henry Fords eine zentralisierte Massenproduktion als wesentliches Paradigma des Industriezeitalters proklamiert wurde, lässt sich seit einiger Zeit ein gegenläufiger Trend hin zu individualisierten Produkten und lokaler Fertigung beobachten. Mittels „Mass Customization“ besteht bereits die Möglichkeit, Produkte in vielen Varianten zu bestellen, ohne die Komplexität der Produktion wesentlich zu erhöhen. Als nächster logischer Schritt kann nun die komplette Auslagerung der Produktion an den Kunden oder qualifizierte Drittparteien (lokale Werkstätten) in Betracht gezogen werden.

Hierdurch ergeben sich auf den ersten Blick zahlreiche Vorteile. So ist der eigenständige Betrieb einer Produktion sehr kapitalintensiv und in Deutschland mit hohen Lohnkosten verbunden. Eine Fertigung im Ausland erfordert ein hohes Maß an Transaktionskosten und ist zudem mit einem negativen Image behaftet. Eine lokale Produktion von Gütern an dem Ort, an dem sie gebraucht werden, erscheint außerdem attraktiv im Hinblick auf die Ressourceneffizienz. So müssen nur noch Materialien und Halbzeuge transportiert werden, welche als Produktionsinput fungieren und nicht vor Ort beschafft werden können. Letztlich kann eine lokale Fertigung ebenfalls dazu dienen, lokale Unternehmen zu stärken und so auch in ländlichen Regionen Arbeitsplätze zu schaffen.


Randbedingungen
Um eine Auslagerung der Fertigung auf den Kunden umzusetzen, ist ein fundamentaler Wandel des Geschäftsmodells notwendig. Es handelt sich hier um eine extreme Variante des Ikea-Prinzips, in der Kunden nicht nur selbst montieren, sondern die Produkte auch selbst herstellen. Das Unternehmen vollzieht in diesem Fall einen Wandel vom Produzenten zum Serviceanbieter. Teil des Leistungsportfolios könnte dabei z. B. die Bereitstellung innovativer für einen Nachbau geeigneter Produktdesigns sein. Darüber hinaus erscheinen der Verkauf benötigter Einzelteile sowie ein Angebot von Beratungsleistungen für die Herstellung als sinnvoll.

Wo die Herstellung in diesem neuen Modell stattfindet, kann in Abhängigkeit der adressierten Zielgruppe detailliert ermittelt werden. Sogenannte „Maker“ interessieren sich für das Thema „Do-it-yourself“ und möchten Produkte zu einem hohen Anteil selbst herstellen. Die Arbeit findet dabei zumeist in „Makerspaces“ statt. Diese Einrichtungen ermöglichen Privatpersonen gegen ein Entgelt Zugang zu Maschinen und Produktionsmitteln. Mittels 3-D-Drucks können hier mittlerweile auch komplizierte Bauteile mit geringem Aufwand hergestellt werden. Da der überwiegende Teil der Konsumenten jedoch weiterhin Produkte wie gewohnt bereits fertig kaufen möchten, ist auch eine Zusammenarbeit mit lokalen Werkstätten möglich, die Produktdesigns für den Kunden umsetzen.


Anwendungsbereiche
Insbesondere viele technische Produkte lassen sich heutzutage nur mit hohem Aufwand und Know-how herstellen. Daher eignet sich diese Form eines PSS-Geschäftsmodells nicht für jedes Produkt. Es kommen für diesen Zweck vor allem eher einfache Produkte des täglichen Lebens in Betracht, wie z. B. Möbel oder einfache Elektronikprodukte.

Während durch den Wegfall der Fertigung viele Risiken reduziert werden können, besteht eine wesentliche Hürde zur Umsetzung des Geschäftsmodells in der Generierung zuverlässiger Einnahmen. So birgt der Handel mit Produktdesigns die Gefahr der Piraterie, welcher nur mit ausgefeilten Mechanismen zum Schutz des geistigen Eigentums adressiert werden kann. In einigen Fällen werden die Produktdesigns sogar als komplementäre Maßnahme zum Kerngeschäft kostenlos angeboten, z. B. bei Baumärkten.

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Beispiel: Serviceplattform für Möbel

Die Firma Open Desk aus London vertreibt Möbel für den privaten und gewerblichen Bedarf. Dabei betreibt es weder eine eigene Produktion noch eine Produktentwicklung. Das Konzept der Firma besteht darin, als Vermittler zwischen Designern und ihren Entwürfen sowie lokalen Werkstätten aufzutreten, welche die Produkte herstellen können. Auf der Webseite kann man aus verschiedenen Produktentwürfen wählen. Anschließend können Angebote zur Umsetzung in Partnerwerkstätten des Unternehmens eingeholt werden. Das Preismodell sieht dabei einen Anteil für den Designer, für die Opendesk-Plattform sowie für die lokalen Werkstätten und beteiligten Logistikpartner vor. Gegen zusätzliche Aufschläge können auch eine Montage vor Ort und sogar die Abänderung des Designs erfolgen.* Opendesk (2019): Furniture designed for inspring workplaces (online). Opendesk (abgerufen am: 11.07.2019).

Beispiel: DIY Beispiele im Baumarkt

Einen ersten Einstieg in das Konzept der lokalen Fertigung in Kombination mit PSS können Do-it-yourself-Projekte in Baumärkten bieten. Diese stellen Anleitungen für Eigenbauprojekte (z. B. Regal, Vogelhaus) mit entsprechenden Stücklisten zur Verfügung. Die benötigten Bauteile können dabei direkt im Baumarkt bezogen werden. Die Mitarbeiter der Baumärkte können dann durch individuelle Beratung bei der Realisierung der Projekte unterstützen (siehe z. B. * BAUHAUS E-Business Gesellschaft für Bau- und Hausbedarf mbH & Co. KG (2019): DIY Beispiele (online). BAUHAUS E-Business Gesellschaft für Bau- und Hausbedarf mbH & Co. KG (abgerufen am: 11.07.2019). ).